Mein Tag auf dem Bauernhof. Und mein Appell: Wie wir die Landwirtschaft vor dem Kollaps retten
Frisches Schwarzbrot aus dem Holzbackofen. Frische Eier, gerade gelegt. Solche Köstlichkeiten habe ich mir am Samstag schmecken lassen – nachdem ich dafür gearbeitet hatte. Mais trocknen, Ziegen melken, Hühner füttern, Mähdrescher fahren, das und mehr stand für mich beim Arbeitsbesuch bei meinen Eltern auf dem Programm. Kulinarisch hat es sich gelohnt, Spaß gemacht hat es auch, aber vor allem soll mein Film helfen. Unsere Landwirte sind in Not.
Wie mit den Bauern umgegangen wird, macht mich wütend
Gesunde Ernährung und zynisches Marketing, diese beiden Themen haben mich zuletzt beschäftigt. Wer gelegentlich meine Website besucht oder auf Facebook bei mir vorbeischaut, der weiß das. Ihr habt mich auf dem Weg zum Idealgewicht begleitet, und vor ein paar Tagen habt Ihr mich über Lebensmittel-Werbespots wettern hören. Mit einer ländlichen Idylle werben, vom Hof-Image profitieren, aber zugleich den Leuten, die auf dem Land und von dem Land leben, die Lebensgrundlage erziehen – das macht mich wütend.
Manche Höfe haben schon zugemacht, andere auf Nebenerwerb umgestellt
Meine Eltern bewirtschaften einen Bauernhof. Früher hat dieser Hof eine fünfköpfige Familie ernährt und für ein bescheidenes, aber ausreichendes Einkommen gesorgt. Meine Eltern arbeiten heute nicht weniger als früher, aber mittlerweile zahlen sie drauf. Unsere Landwirtschaft steht vor dem Kollaps, viele Bauern sehen die Armutsgrenze vor sich. Mancher hat sie schon überschritten, andere haben auf Nebenerwerb umgestellt oder den Hof zugemacht.
Essen müssen wir alle, daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert. Trotzdem darben diejenigen, die unser Essen herstellen. Warum das so ist? Ich sehe drei Hauptgründe:
- Preisdruck: Die großen Abnehmer diktieren die Preise. Sie drücken den Landwirt, bis es weh tut und darüber hinaus, das grenzt an Erpressung. Der Bauer ist gezwungen, einen Großteil seiner Produkte zu verschleudern. Dass die Konzerne neben den Produkten auch von seinem Image profitieren, bekommt der Bauer nicht bezahlt. Im Gegenteil. Wenn mein Vater Lebensmittel-Werbespots sieht, dann fühlt er sich verhöhnt. Erpressen und verhöhnen, so gehen Konzerne mit Landwirten um.
- Verbraucherverhalten: Billiges Essen ist vielen Menschen wichtiger als gutes Essen. Unsere Discounter-Mentalität hat sich leider auf unser Essverhalten übertragen. Aber wer Brot, Milch, Käse und Wurst einkauft und dann an der Kasse nur 3,50 Euro bezahlt, wer ein Fertiggericht für einen Euro kauft, der kann doch nicht ernsthaft glauben, dass er sich damit gut ernährt?! Wir müssen dringend lernen, zwischen Nahrungsmitteln und Lebensmitteln zu unterscheiden. Nahrungsmittel machen den Bauch voll, sonst nichts. Lebensmittel machen gesund.
- Die Unbeweglichkeit der Bauern: Landwirte sind in der Natur zu Hause, nicht im Netz. Und Landwirte sind oft in Traditionen verhaftet, Neuem begegnen sie mit Unbehagen. Viele haben es versäumt, sich ein wenig Unabhängigkeit zu verschaffen: einen Hofladen eröffnen, eine Website aufbauen, in den Sozialen Medien trommeln, ein Café eröffnen. Die Höfe müssen es den Menschen leicht machen, sich saisonal, regional und gesund zu ernähren.
Österreich ist von der Natur gesegnet, darum besuchen uns so viele Menschen aus aller Welt. Touristen bringen ihr Geld zu uns, um sich an unserer Landschaft zu erfreuen. Eine Landschaft, die in weiten Teilen gepflegt wird von – richtig, unseren Landwirten. Wenn die nicht mehr da sind, und darauf läuft es hinaus, dann ist es vorbei mit ländlicher Idylle.
Die Krise als Chance sehen
Über Krisen zu jammern, behagt mir eigentlich nicht. Ich suche lieber Chancen, und wenn ich eine sehe, dann packe ich zu. Alle Beteiligten in der Landwirtschaftskrise haben gerade eine Riesenchance. Die Konzerne müssen endlich die Landwirte wie Partner behandeln, anstatt sie auszuquetschen. Die Verbraucher müssen weg von der krank machenden Sparsamkeit beim Essen. Und die Bauern müssen sich bewegen, um unabhängig zu werden.
Ich als Verbraucher werde meinen Konsum ab sofort noch zielgerichteter steuern, hin zur Natur, hin zur Landwirtschaft. Als Sohn einer Bauernfamilie werde ich meine Eltern auf dem Weg zur Unabhängigkeit anschieben, ihnen helfen und sie begleiten.
Das muss ich einfach tun.